Immer weniger Mineralien in der Nahrung?

Average Mineral Content in selected Vegetables 1914-1997. Tendenz: Abwärts!

Stimmt es, das immer weniger Mineralien und Vitamine in der Nahrung (Obst, Gemüse, Getreide, etc. pp) sind? Diese Aussage habe ich schon oft gehört – Sie wird aber von vielen Organisationen und auch den landwirtschaftlichen Verbänden durchaus bestritten. Was ist also ‘dran’ an der Geschichte?

Aufmerksam wurde ich auf das Thema durch ein Zitat aus 1936 – welches schon auf das Problem mit den abnehmenden Nährstoffen in den Pflanzen hinwies [2]:

The alarming fact is that foods – fruits, vegetables and grains – now being raised on millions of acres of and that no longer contains enough of certain needed nutrients, are starving us – no matter how much we at of them”. – U S Senate Document 264 1936

‘Angefixt’ habe ich etwas recherchiert und thematisiere in diesem Artikel dann folgende Aspekte & Fragen:

  • Nährstoffdichte kein Qualitätsmerkmal!
  • Sind neue (Getreide-) Sorten verantwortlich?
  • Weniger Nährstoffe am Beispiel der Kartoffel
  • Noch mehr Studien & noch mehr Mineralstoffverluste
  • Andere Thesen: Weniger Nährstoffe durch steigenden CO2-Gehalt in der Atmosphäre
  • Andere Thesen: Falsch Düngung – speziell bei Magnesium?
  • Warum sagen DGE & Co. das alles o.k. ist?
  • Noch weitere ‘andere Ursachen’: Wer misst misst Mist?

Am Ende folgt dann noch mein übliches Fazit und ein paar Ideen zur Thematik: Was ist die Konsequenz, was kann ich tun?

Nährstoffdichte kein Qualitätsmerkmal!

Wie auch in den USA geht es auch in der EU nur um Größe, Farbe und Aussehen der Lebensmittel – nicht aber zum die Menge und Qualität der Nährstoffe in diesen. Der gleiche Artikel aus dem das erste Zitat stand dazu [2]:

Neither the USDA nor the organic industry standards address the nutritional quality of food.

Also weger in Bio-Lebensmitteln oder in der ‘Standard-Kost’ ist die Nährstoff-Qualität ein Thema oder Merkmal. Wie krass es wohl inzwischen um die Ernährungsbezogene Qualität unserer Lebensmittel steht, zeigt dann auch die nebenstehende Grafik auf.

Es scheint das die Bodenqualität (zumindest in dem untersuchten Bereich) bereits vor dem zweiten Weltkrieg gestört bzw. verschwunden und seit den 60er Jahren dann konstant niedrig ist. In wie es überhaupt verlässliche Daten aus der Zeit von 1914 gibt lässt der Artikel leider offen. Aber auch in neueren Vergleichen ist eine deutliche Abnahme über die Zeit zu finden. Der Trend zeigt allgemein nach unten – wenn er nicht schon auf dem ‘Boden’ aufgeschlagen ist.

Sind neue (Getreide-) Sorten verantwortlich?

Trends in wheat grain yield (a), harvest index (b), Zn (zinc) (c), Fe (iron) (d), Cu (copper) (e), and Mg (magnesium) (f) concentrations in wheat grain from three plots of the Broadbalk Experiment since 1845. Quelle: PubMed.gov

Es gibt aber noch eine andere Studie (Evidence of decreasing mineral density in wheat grain over the last 160 years.) [10], welche Weizen untersucht und hier den Fokus auf Zink, Kupfer, Eisen und Magnesium legt – und dabei sogar den Zeitraum bis 1845 im Fokus hat.

Hier habe ich eine englische Zusammenfassung und Übersetzung des Fachchinesisch in verständliches Englisch 😉 gefunden. Die Aussage der Studie ist, das die Mineraliendichte ab ca. den 1960 Jahren abgenommen hat – zeitgleich mit der Einführung neuer Sorten, hier insb. so-genannten ‘dwarfing’-Sorten – also Weizen mit geringer Wuchshöhe (welcher dann weniger Probleme mit dem Umknicken bzw. flachlegen bei starkem Wind hat, was u.a. ungünstig für die maschinelle Ernte ist).

Man mutmaßt, das bei der neuen Züchtung zwar der  Stärketransport in das Korn weiterhin klappt – aber nicht die Versorgung bzw. der Transport der untersuchten Spurenelemente. Zitat aus der Zusammenfassung:

“The authors speculate that the faster rate of sugars being transported in the grain and the resulting faster starch accumulating in the grain is not matched by an increase in minerals transported through the plant. So the overall density of minerals is reduced.“.

Wer also heute 100g Weizen mit den gleichen Kalorien wie vor 160 Jahren isst, der nimmt weniger Mineralstoffe und Spurelemente auf – und wer weiß für wie viele andere moderne Sortenzüchtungen ähnliches gilt. Heute geht es ja eher um Lagerfähigkeit, Uniformität, Tauglichkeit für die maschinelle Ernte, Größe, etc. pp. – um den Inhalt als Vitaminen und Mineralstoffen schert sich keiner. Verkauft wird nach aussehen und Kilogramm – nicht nach dem Inhalt an Mg, Ca, Zn, Fe, Cu., etc. pro Kilo.

Weniger Nährstoffe am Beispiel der Kartoffel

In diesem Audiobeitrag (min. 6:25) des Orthomonekularmediziners Dr. Volkmann wird ausgesagt das zwischen 1977 und 1999 z.B. die Kartoffel in Deutschland bei Folsäure und Zink durchschnittlich 60-70% verloren hat. Einzig Kalium ist nicht weniger geworden, hat hier auf Kaliumdüngung geachtet wird.

Herr Volkmann zitiert aber hier (ab ca. min 2) auch noch einen ‘Welt am Sonntag’ Artikel [3] mit einem Bild, was aufzeigt das in den letzten 50 Jahren die Vitamine und Mineralstoffe in vielen Obst und Gemüse Sorten zwischen 32 und 100% abgenommen haben (sollen). So z.B. Eisen in Spinat -60%, Kalzium in Brokkoli -75%, Magnesium in Möhren -75% und Natrium in der Stangenbohne um 100%, was ich selber kaum glauben mag, da dann kein Natrium mehr in der Stangenbohne ist und diese nur mehr als ein Problem haben sollte.

Herr Volkmann gibt zudem zu bedenken, das die Stressoren wie Arbeit, Beschleunigung des Lebens, Toxine in der Umwelt, Belastung mit Zusatzstoffen in der Nahrung, etc. pp. zugenommen haben und eher einen höheren Nährstoffbedarf (in Bezug auf Vitamine, Mineralien und Spurenelementen) bedingen. Durch den Wegfall der physischen Arbeit werden aber weniger Kalorien (Lebensmittel), bei gleichzeitiger Nährstoffarmut der Lebensmittel umgesetzt – wodurch ein breites Defizit entsteht.

Noch mehr Studien & noch mehr Mineralstoffverluste…

In diesem Blogeintrag über das sinken der Nährstoffgehalte in Gemüse und Fleisch seit dem zweiten Weltkrieg [4] wird auf ein Video von Dr. Christine Jones [9] (‘Soil Carbon – the Mycorrhizal Connection.’) eingegangen, welches Nährstoffrückgang, Probleme und Ursachen diskutiert. Aus dem Blogbeitrag hier nur ganz kurze Auszüge:

Bei min. 20:39 gibt es eine Liste mit der Abnahme der Mineralgehalte in Gemüsen von 1940 – 1991 (Durchschnittswerte von 27 Gemüsesorten) [1]:

  • Kupfer (Cu)  minus 76 %
  • Kalzium (Ca)  minus  46 %
  • Eisen (Fe) minus 27 %
  • Magnesium (Mg) minus 24 %
  • Kalium (K) minus 16 %

Ein so hoher Verlust an Kupfer in der Nahrung wäre fatal für den Eisen-Kupfer-Metabolismus, speziell da Kupfer als Supplement höchst pro-oxidativ, also ungünstig ist. Bei min. 23:13 dann ähnliches für Fleisch von 1940 – 1991 (Mittelwert von 10 Sorten Fleisch) [1]:

  • Kupfer (Cu) minus 24 %
  • Kalzium (Ca) minus 41 %
  • Eisen (Fe) minus 54 %
  • Magnesium (Mg) minus 10 %
  • Kalium (K) minus 16 %

Bei min. 35:14 gibt es dann die Auflösung warum das so ist – also wir solche Rückgänge sehen, denn entgegen der Denkweise das nur genug gedüngt werden muss damit Mineralstoffe & Co. im Boden sind werden

“85 – 90 %  der Nährstoffaufnahme der Pflanzen ist mikrobiell vermittelt.”

Mit anderen Worten: selbst wenn alle Mineralstoffe auf den Boden vorhanden sind, müssen diese (zum größten Teil) immer noch durch Mikroben vermittelt werden – damit die Pflanzen die aufnehmen können. Leider werden genau diese Mikroorganismen jedoch durch Spritzmittel, Monokultur, Pflügen und Antibiotika aus der Tiermast (Gülle!) beeinträchtigt oder zerstört. Wer mehr wissen will – bitte das Video anschauen – oder den Blogeintrag auf Freizahn.de lesen, welcher das Video in Deutsch zusammenfasst.

Andere Thesen: Steigender CO2-Gehalt in der Atmosphäre als Ursache

Ich habe dann noch ein Artikel bei Politico gefunden “The great nutrient collapse – The atmosphere is literally changing the food we eat, for the worse. And almost nobody is paying attention.” [5], der das Thema aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Die These: die steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre steigert zwar die Photosynthese, die Bildung von Kohlenhydraten und das Pflanzenwachstum an sich – jedoch auf Kosten der Konzentration von anderen Nährstoffen & Mineralien. Aus dem Artikel:

“As best scientists can tell, this is what happens: Rising CO2 revs up photosynthesis, the process that helps plants transform sunlight to food. This makes plants grow, but it also leads them to pack in more carbohydrates like glucose at the expense of other nutrients that we depend on, like protein, iron and zinc.”

Sollte dies der Fall sein und mit weiteren Forschungen bestätigt werden ist auch in Zukunft mit weiter abfallenden Mikronährstoffen in allen Pflanzen zu rechnen – nicht nur in dem Zooplankton das im Artikel erwähnt wird…

Andere Thesen: Falsch Düngung – speziell bei Magnesium?

Einer der wichtigsten Mikronährstoffe, Magnesium, fehlt wohl auch immer mehr in den Pflanzen – aber warum? In einer Studie aus 2016 [8] wird die These aufgestellt, das dieses u.a. an den heutigen Düngemethoden liegen könnte. So ist das Kalium, das den Pflanzen über NPK-Dünger vermehrt zugeführt wird, wohl ein Antagonist von Magnesium. Die Autoren der Studie schreiben [8]:

“The declines in Mg, Zn, Fe, and I may also have some correlation with long-term unbalanced crop fertilization with nitrogen, phosphorus, and potassium (NPK) over the last decades. Grass tetany or paresis (milk fever) is a serious disorder in grazing animals, resulting from Mg decreases in grasses due to heavy application of potassium to soil [21]; K+ is an antagonist for Mg2 + absorption in plants.

Wer genau ließt, der wird auch feststellen, das auch die Verluste bei Jod, Zink und Eisen eine Korrelation mit der Verwendung von Düngemitteln haben. Die Autoren führen im Detail aus, das ein Mangel an Magnesium wiederum zu vielen Folgeproblemen im Stoffwechsel und Wachstum der Pflanze führen – wie eben auch beim Mensch.

Warum sagen DGE & Co. das alles o.k. ist?

Im Vergleich zu 1954 schreibt die DGE:

„Es zeigte sich, dass sowohl die Vitamin- als auch die Mineralstoffgehalte – unter Einbeziehung der Schwankungsbreiten – über die Jahre hinweg im Großen und Ganzen konstant geblieben sind. Gemüse und Obst sind nicht an Nährstoffen verarmt.“

Was man von der DGE hält ist eine andere Sache – aber Sie vergleichen einfach heute mit einem Datum (1954) an dem das Kind schon in den Brunnen gefallen war, weil hier die Böden schon lange durch die intensive Landwirtschaft ausgelaugt waren. Und selbst die globale Situation scheint auf Basis z.B. des Welt Artikels auch nicht besser.

Interessant ist dann noch dieses Dokument (Dept of Soil Science, University of Wisconsin) [6] – die schauen dann (ähnlich der DGE) einfach nur bis 1963 zurück und folgern das alles in Ordnung ist. Schon toll, insb. wenn man die Grafik weiter oben nicht kennt.

Bestätigt wird diese Sicht auch durch den Wissenschaftler und Buchautor Julian Cribb in einem Vortragsvideo zu seinem neuen Buch ‘Poisoned Planet’ [7], in dem es insb. um die vielen Chemikalien in der Umwelt geht. Er sagt dort u.a. das die verfügbaren Studien indizieren das man heute z.B. 5 Tomaten essen muss, wo früher (bei den Großeltern) eine Tomate ausgereicht hat um die gleichen Mineralien und Mikronährstoffe aufzunehmen.

Noch weitere ‘andere Ursachen’: Wer misst misst Mist?

Das selbe Gemüse im Frühjahr oder im Herbst geerntet hat unterschiedliche Gehalte an Vitaminen – weil ja die Sonneneinstrahlung eine andere war. So ist auch das Wetter in jedem Jahr anders – mal mehr Regel, mal sehr feucht, Trockenperioden, viel Sonne, viel Wolken, wärmer, kälter – alles durcheinander und ggf. zur falschen Zeit während der Pflanzenentwicklung – wer weiß.

In meinem Garten ist dann die Bodenbeschaffenheit noch krass unterschiedlich: 2 Meter weiter – alles ist anders, was ich dann auch an der Pflanzenentwicklung merke. Einige Sorten zehren dann recht stark am Boden. So sollen Möhren nur alle 5-6 Jahre an der gleichen Stelle angebaut werden – und auch das kann ich bestätigen. Ein Jahr hatte ich mal eine komplette Schubkarre geerntet – das nächste Jahr wollen die Möhren kaum aufkeimen. Warum? Keine Ahnung. Je nach Pflanzennachbar (Mischkultur) begünstigen sich Pflanzen dann auch noch – oder nicht.

So sollten die Angaben zu den Nährstoffen in diesem Artikel mit entsprechender Vorsicht gelesen und verglichen werden – denn ich konnte bei keiner Studie herausfinden was die Rahmenbedingungen waren. Eines scheint jedoch offensichtlich: Die Tendenz der Nährstoffe in den Studien scheint nur eine Richtung zu kennen: Nach unten – und da kann dann etwas nicht stimmen. Würde es an Wetter, Licht, Sonne, Regen & Co. liegen – dann gibt es mal mehr und mal weniger, jedoch nicht immer nur weniger.

Mein Fazit

Es scheint das die zuständigen Organisationen die Wahrheit entweder nicht sehen und / oder aussprechen wollen – oder die Situation doch nicht so krass ist wie einige Sie darstellen. Wenn die Wahrheit doch so ‘krass’ sein sollte wie es einige Studien scheinbar belegen, dann würde es in Konsequenz eine Abkehr von der aktuell praktizierten Art der Landwirtschaft mit Chemie-Spritzmitteln, Chemie-Dünger & Co. bedeuten müssen. Leider profitieren von dem Beibehalten des aktuellen Paradigmas sehr viele (große Konzerne)….

Aber: Ist dies jedoch das primäre Problem das wir heute mit der Ernährung haben? – oder sind die Nährstoffe in frischen Gemüse & Co. eher Priorität Nr. 3, 4, 5, …?

Wenn ich beobachte, was da in den Supermärkten gekauft wird – dann sehe ich hauptsächlich (hoch) verarbeitete Nahrungsmittel: Wurst, Aufschnitte, raffinierte Zucker, Weißmehle, (gesättigte) Fette & Zusatzstoffe, Dosenkrams, Fertigmenüs, Süßigkeiten. So verzehrt ein Großteil der Bundesbürger nicht mal 400g Gemüse – was dann auch den Nährstoffgehalt in ‘Lebensmitteln’ ziemlich egalisiert. Da wundere ich mich nicht über das weitere Ansteigen von Zivilisations- und (immer früher auftretenden) Alterskrankheiten.

Warum?: Um ein Problem mit den ggf. immer geringeren Mikronährstoffen in Obst, Gemüse und Vollkorngetreide zu haben – müsste man diese Lebensmittel überhaupt erst einmal essen… also frisch und möglichst unverarbeitet.

Was ist die Konsequenz, was kann ich tun?

Um dem immer geringeren Anteil an Mikronährstoffen in Gemüse zu begegnen gibt einige Strategien die ich versuche umzusetzen:

Weiterhin ist darauf zu achten wirklich genug Gemüse, in Maßen reifes Obst und optional Vollkorngetreide. Allgemein werden 7-10 Portionen (Tassen) Obst & Gemüse am Tag empfohlen – ich esse ca. 1,5-2Kg Obst & Gemüse am Tag. Ansonsten keime ich noch Buchweizen für mein Müsli und bekomme so noch mehr B-Vitamine & Co. gratis dazu – inklusive einer besseren Verdaubarkeit (Anm.: Abbau von Hemm- und Pflanzenschutzstoffen).

Weißmehlpasta und 405’er Weißmehlkuchen sind für mich in der Regel No-Go’s. Das sind viele Kalorien, aber keine Mikronährstoffe – ‘mal’ ist o.k. –  aber das sind keine Grundlebensmittel. Warum Bio-Gemüse? Durch die (chemische) Düngung wird der Boden (Mikroben/Mikobiom) zerstört, was zusätzlich die Aufnahme und Bereitstellung von Nährstoffen behindert + das auch weniger gespritzt wird.

 


Quellen / Links

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar